Marie-Antoinette Königin von Frankreich



Marie-Antoinette Königin von Frankreich


Inventar Nr.: GK 897 (1875/1280)
Bezeichnung: Marie-Antoinette Königin von Frankreich
Künstler: Wilhelm Böttner (1752 - 1805), Maler/in
Dargestellt: Marie Antoinette Königin von Frankreich (1755 - 1793)
Datierung: 1784
Geogr. Bezug: Paris
Material / Technik: Leinwand, doubliert
Maße: 87,5 x 71,5 cm (ovaler Spiegel) (Bildmaß)
107 x 90,5 x 7 cm (Objektmaß)
Provenienz:

erworben 1931 von dem Kunsthändler Julius Böhler, München

1920 Firma Altkunst, Berlin

1857 im Besitz des Malers Ludwig Emil Grimm, des Schwiegersohns von Böttner

1806 in Böttners Nachlass

Beschriftungen:


Katalogtext:
Das Porträt entstand während Böttners zweitem Aufenthalt in Paris, als er auch das Pendantbildnis von Ludwig XVI. schuf (1875/1279). Marie-Antoinette (1755-1793), die jüngste Tochter von Maria Theresia und Kaiser Franz I., war 1770 zur Festigung des Bündnisses zwischen Österreich und Frankreich mit dem späteren König Ludwig XVI. vermählt worden.
Böttner hat die Königin im Dreiviertelprofil vor neutralem dunkelbraunem Grund dargestellt, vor dem sie sich hell abzeichnet. Marie-Antoinette trägt ein weißes Atlaskleid mit einem hauchzarten weißen Spitzenfichu, mit weißen Schleifen am Dekolleté und an den Ärmeln und einer hellblauen Schärpe um die Taille. Der für Marie-Antoinette typische kunstvolle Federaufputz mit den drei weißen Straußenfedern und dem herabfallenden transparenten Schleier, der durch ihren Einfluss Mode wurde, ziert das grau gepuderte Haar. Zu ihrer in hellen Farbtönen gehaltenen Erscheinung bilden lediglich die geröteten Wangen und rot gefärbten Lippen einen farblichen Kontrast, der das Gesicht besonders hervorhebt.
Wie beim Bildnis Ludwigs XVI. wird sich Böttner auch bei der Königin an offizielle Porträtvorlagen gehalten haben. In Kopfhaltung, Federaufputz und Farbgebung ist es verwandt mit Elisabeth Vigée-Lebruns Kniestück von Marie-Antoinette mit einem Rosenstrauß in der Hand, das 1783 im Pariser Salon ausgestellt war (Versaille, Musée National du Château de Versailles, Inv. Nr. MV 3893). Ein Bildnis der Königin von dem französischen Pastell- und Porträtmaler Joseph Boze (1745-1826) aus dem Jahr 1785 gleicht Böttners Porträt bis auf unwesentliche Unterschiede in der Bildgröße, dem Gesamtausschnitt und der Kleidung derart, dass Boze und Böttner auf einen ähnlichen Gemäldetypus, wenn nicht gar auf dieselbe Vorlage zurückgegriffen haben dürften.
Böttner schuf die Pendantbildnisse des französischen Königspaares nicht im Auftrag des frankophilen Landgrafen Friedrich II., sondern um dessen Gunst zu gewinnen. Die Gemälde gelangten nie in landgräflichen Besitz, sondern verblieben bei Böttner und sind in dessen Nachlassverzeichnis von 1806 aufgeführt (Nr. 20, 21). In seinen autobiographischen Schilderungen hat Böttner das Porträt der Marie-Antoinette zum Grund für seine Ernennung zum Hofmaler erklärt. Auch Friedrich II. hatte sich im Juli und August 1784 in Paris aufgehalten. In den kurzen, in Briefform verfassten Lebenserinnerungen des Malers an den Marburger Historiographen Karl Wilhelm Justi, die dieser 1796 in Meusels »Neuen Miscellaneen« veröffentlichte, schreibt Böttner: »Im Herbste des Jahres 1783 machte ich eine zweyte Reise nach Paris, wo ich, ausser andern vornehmen Personen, auch die Königin von Frankreich mahlen mußte. Landgraf Friedrich II. kam i. J. 1784 nach Paris, als ich gerade mit diesem Gemählde beschäftigt war. Ich hatte das Glück, ihm zu gefallen, und zu seinem Hofmahler angenommen zu werden.« Böttner verschweigt aber, dass er sich bereits einige Wochen zuvor beim Landgrafen als Hofmaler beworben hatte. In einem Brief vom 14. Mai 1784 aus Paris an Friedrich II. bat er, ihn zum Hofmaler zu ernennen oder ihm wenigstens die »Survivance« zu gewähren, also das verbindliche Versprechen, Johann Heinrich Tischbein d. Ä. im Amt zu folgen: »In dieser zuversichtlichen Hoffnung ergeht an Hochfürstl. Durchlaucht, meine unterthänigste Bitte Höchstdieselben wollen mich zum Hofmahler nebst einer angemessenen Besoldung zu ernennen oder mich wenigstens mit der Survivance meines würdigen Lehrers des Rats Tischbeins mit einer Besoldung und vorfallenden Arbeit zu begnadigen« (StAM, Best. 5, Nr. 9559, Bl. 13). In einem Schriftstück vom 31. August 1784 in den Aktenbänden des Hessischen Geheimen Rats ist Böttners Ernennung zum Hofmaler zum 1. September 1784 offiziell vermerkt, zugleich mit der Aufforderung an Böttner, umgehend Paris zu verlassen und nach Kassel zu kommen (StAM, Best. 5, Nr. 9559, Bl. 15).
(S. Heraeus, 2003)


Literatur:
  • Justi, Karl Wilhelm: Wilhelm Böttner und Johann August Nahl. In: Meusel, Neue Miscellaneen (1796), S. 290-305, S. 296.
  • Böttner, W.: Verzeichniß der vom verstorbenen kurhessischen Hofmaler und Professor bey der Academie der bildenden Künste W. Böttner hinterlassenen Gemälde, Kupferstiche, Zeichnungen und Bücher. 1806, S. 2, Kat.Nr. 21.
  • Strieder, Friedrich Wilhelm: Grundlagen zu einer Hessischen Gelehrten und Schriftsteller Geschichte seit der Reformation bis auf gegenwärtige Zeit, S. 60, Kat.Nr. 1.
  • Dumont-Wilden, L.: Le Portrait en France. Brüssel 1909, S. 112.
  • Berrer, J. W.: Wilhelm Böttner. In: Monatshefte für die Kunstwissenschaft (1920), S. 154-165, S. 162.
  • Luthmer, Kurt: Staatliche Gemäldegalerie zu Kassel. Kurzes Verzeichnis der Gemälde. 34. Aufl. Kassel 1934, Kat.Nr. 896.
  • Marie-Antoinette, archiduchesse, dauphine et reine. Trianon 1955, S. 42, Kat.Nr. 69.
  • Vogel, Hans: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. Kassel 1958, S. 34, Kat.Nr. 897.
  • Kaiser, Konrad: Ein Gang durch Kassels Neue Galerie, Teil 1. Kassel 1976, S. 18.
  • Hofmann, Werner [Hrsg.]: Europa 1789. Aufklärung, Verklärung, Verfall. Köln 1989, S. 1032, Kat.Nr. 2.
  • Heraeus, Stefanie [Bearb.]; Eissenhauer, Michael [Hrsg.]: Spätbarock und Klassizismus. Bestandskatalog der Gemälde in den Staatlichen Museen Kassel. Kassel [u.a.] 2003, S. 24-25, Kat.Nr. 8.
  • Gruber, Hille: Wilhelm Böttner (1752 - 1805), ein hessischer Hofmaler. Studien zur Porträt- und Historienmalerei mit Katalog (Phil. Diss.). Heidelberg 2010, Kat.Nr. PG 2.


Letzte Aktualisierung: 12.01.2022



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