Karl Prinz von Hessen-Kassel als Kind, Studie
Karl Prinz von Hessen-Kassel als Kind, Studie
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Inventar Nr.:
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1875/750 a |
Bezeichnung:
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Karl Prinz von Hessen-Kassel als Kind, Studie |
Künstler:
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Johann Heinrich d. Ä. Tischbein (1722 - 1789), Maler/in
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Dargestellt:
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Karl Landgraf von Hessen-Kassel (1744 - 1836) |
Datierung:
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um 1755 |
Geogr. Bezug:
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Kassel |
Material / Technik:
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Leinwand, doubliert |
Maße:
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35,5 x 28,7 cm (Bildmaß)
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Provenienz: | 1790 im Nachlass Tischbeins |
Beschriftungen:
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Katalogtext:
Karl Prinz von Hessen-Kassel (1744-1836), der zweitälteste Sohn von Landgraf Friedrich II. und dessen erster Gemahlin Marie, ist hier im Hüftbild als junger Kavalier mit höfischer Attitüde vor einer Landschaft dargestellt. Den Oberkörper nach rechts gedreht, wendet der Elfjährige den Kopf mit der weißen Zopfperücke zum Betrachter. Er trägt den dunkelblauen Uniformrock eines Infanterieregiments mit roter Rabatte, dessen Außenrand mit goldenen Knöpfen und Stickerei geschmückt ist, darunter eine weiße Weste mit Goldknöpfen und eine silberne Schärpe. In der rechten Hand hält er den Dreispitz. Der farbliche Dreiklang der Kleidung in leuchtendem Blau, Rot und Weiß hebt die Figur des Prinzen vor dem zartfarbigen, in sanften Übergängen gestalteten Hintergrund mit dem rötlich gefärbten Himmel hervor und trägt wesentlich zur räumlichen Tiefenwirkung bei.
Das Heereslager mit Zelten, Reitern und Fußsoldaten in der weitläufigen Hügellandschaft des Hintergrundes, ein typisches Requisit barocker Feldherrnporträts, verweist ebenso wie die vom rechten Bildrand überschnittene Bastionsmauer im Mittelgrund auf die zukünftigen militärischen Aufgaben des Prinzen. Die frischen grünen Zweige, die aus dem Quadermauerwerk der Bastionsmauer wachsen, könnten ein Hinweis auf die Erneuerungskraft der Natur sein und damit ein Sinnbild für die Kontinuität der Dynastie. Karl heiratete 1766 Luise von Dänemark (1750-1831), die jüngste Tochter König Friedrichs V., und hatte mit ihr sechs Kinder. Er wirkte als Kommandeur und Generalmajor in Dänemark und Norwegen und war seit 1769 königlich-dänischer Statthalter der Herzogtümer Schleswig und Holstein.
Von der fein ausgeführten Ölstudie, die aus Tischbeins Nachlass stammt, ist keine Gemäldefassung bekannt. Ein enger Zusammenhang besteht zu dem Gruppenbildnis in Schloss Wilhelmsthal, das Karl zusammen mit seinen Brüdern Wilhelm und Friedrich vor der Kasseler Orangerie zeigt. Dort ist der junge Prinz ganzfigurig, in ganz ähnlicher Pose dargestellt, bis auf die linke Hand, die zum Körper geführt ist und den Dreispitz hält. Tischbein signierte dieses Gemälde mit »1755«, ebenso wie die dazugehörige Studie in Schloss Fasanerie (Eichenzell, Hessische Hausstiftung, Inv. Nr. FAS B 40).
Die vorliegende Skizze dürfte ebenfalls zwischen 1754 und 1756 entstanden sein, als Karl und seine Brüder in Göttingen lebten, zusammen mit dem Hofmeister Julius Jürgen von Wittorf (LM 1919/47, AZ 752) und ihren Hauslehrern. Nachdem Landgraf Friedrich II. zum Katholizismus übergetreten war, trennte Wilhelm VIII. seine Enkel von ihrem Vater in der so genannten Assekurationsakte vom 28. Oktober 1754, um sie dem katholischen Einfluss zu entziehen.
(S. Heraeus, 2003)
Literatur:
- Nachlaß des im August vorigen Jahres alhier verstorbenen Raths und Professoris auch Directoris der hiesigen Maler Academie Herrn Johann Heinrich Tischbein, an Tableaux, Portraits, Kupferstichen und Zeichnungen. Kassel 1790, S. 10, Kat.Nr. 105.
- Engelschall, Josef Friedrich: Johann Heinrich Tischbein d. Ä., ehemaliger Fürstlich-Hessischer Rath und Hofmaler, als Mensch und Künstler dargestellt, nebst einer Vorlesung von Casparson. Nürnberg 1797, S. 124, Kat.Nr. 44 (?).
- Thieme, U. [Hrsg.]; Becker, F. [Hrsg.]; Vollmer, H. [Hrsg.]: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Leipzig 1907-1950, S. 210 (Bd. 33, 1939).
- Knetsch, Carl: Das Haus Brabant.Genealogie der Herzöge von Brabant und der Landgrafen von Hessen. Darmstadt 1928, S. 148, Kat.Nr. 32.
- Luthmer, Kurt: Die hessische Malerfamilie Tischbein. Verzeichnis ihrer Mitglieder und einer Auswahl ihrer Werke. Kassel 1934, S. 15, Kat.Nr. 23 (?).
- Herzog, Erich [Bearb.]: Johann Heinrich Tischbein d. Ä. 1722-1789. Kassel 1964, S. 9, Kat.Nr. 10.
- Marianne Heinz [Bearb.]; Erich Herzog [Bearb.+ Hrsg.]: Johann Heinrich Tischbein d. Ä. (1722 - 1789), Kassel trifft sich - Kassel erinnert sich in der Stadtsparkasse Kassel. Kassel 1989, S. 113, 158, Abbildung S. 19, Kat.Nr. 13.
- Ahlers, Jens [Bearb.]: Landgraf Carl von Hessen 1744-1836. Statthalter in den Herzogtümern Schleswig und Holstein. Schleswig 1996, S. 17, 55-59, Kat.Nr. 2.
- Flohr, Anna-Charlotte: Johann Heinrich Tischbein d.Ä. (1722-1789) als Porträtmaler mit einem kritischen Werkverzeichnis. München 1997, S. 269, Kat.Nr. Ö 6.
- Heraeus, Stefanie [Bearb.]; Eissenhauer, Michael [Hrsg.]: Spätbarock und Klassizismus. Bestandskatalog der Gemälde in den Staatlichen Museen Kassel. Kassel [u.a.] 2003, S. 269-270, Kat.Nr. 230.
Letzte Aktualisierung: 20.10.2021