David mit dem Haupt des Goliath



David mit dem Haupt des Goliath


Inventar Nr.: GK 587
Bezeichnung: David mit dem Haupt des Goliath
Künstler: Michelangelo Merisi da Caravaggio (1571 - 1610), Maler/in, Kopie nach
Datierung: 17. Jh.
Geogr. Bezug:
Material / Technik: Öl
Maße: 129 x 96,5 cm (Bildmaß)
151,5 x 119 x 9 cm (Objektmaß)
Provenienz:

erworben vor 1730 durch Landgraf Karl

Beschriftungen: Signatur: Bezeichnung auf der Schwertklinge: HAS


Katalogtext:
Caravaggios Werk markiert innerhalb der Lichtmalerei einen entscheidenden Wendepunkt. Ausgehend von der oberitalienischen Malerei des späten 16. Jahrhunderts entwickelt er bei seiner Ankunft in Rom 1592/93 sukzessive eine neue Formensprache. Kennzeichnend für Caravaggios Malerei ab 1599/1600 ist eine schlaglichtartige Beleuchtung der Figuren aus erhöhter Position. Nach Giulio Mancini funktioniert diese Art der Lichtführung besonders gut bei Einzelfiguren, bei mehrfigurigen Historienbildern dagegen weniger. In seinen „Considerazioni sulla pittura“ (um 1617-21) heißt es zu Caravaggio und seiner Schule, sie „beleuchten mit einer einzigen Lichtquelle aus großer Höhe ohne Spiegelungen, so als ob man sich in einem Raum mit schwarzen Wänden befindet mit nur einem Fenster. Auf diese Weise treten Licht und Schatten sehr deutlich hervor und verleihen der Malerei Plastizität.“

Caravaggios Figuren wirken durch diese extreme Beleuchtungssituation jedoch nicht nur skulptural durchgebildet, sondern treten vor einem meist dunklen, unbestimmten Hintergrund auch unmittelbar vor den Betrachter. Unterstützt wird dies durch das häufig gewählte Format des Halbfigurenbildes. Im Sinne der barocken Affektlehre entfalten diese Werke somit eine neuartige Bildwirkung. Beziehungen zu zeitgenössischen Formen der Theaterinszenierungen („Lichträume“) scheinen hier greifbar.

Bei dem Kasseler Gemälde handelt es sich um eine Kopie mit geringfügig veränderten Maßen nach dem Original in der Galleria Borghese in Rom (125 x 101 cm), das in den letzten Schaffensjahren 1609/10 entstand und sich im Besitz von Kardinal Scipione Borghese, einem frühen Förderer Caravaggios, befand.
Die Kasseler Kopie wurde von Landgraf Carl wahrscheinlich während seiner Italienreise 1699/1700 erworben. Am 6. Februar 1700 besuchte er den Palazzo Borghese, der „in den Gemählden für allen in der Stadt Rom den Vorzug hat.“ Sicher bewunderte er dort auch Caravaggios Original, von dem sich mehrere Kopien erhalten haben. Vom frühen Erfolg der Komposition zeugt ein Dokument aus dem Jahr 1610, aus dem hervorgeht, dass der Maler Baldassare Aloisi, genannt Galanino, zehn Dukaten für die Anfertigung von zwei Kopien erhielt.

Die Beschriftung auf dem Schwert „H.AS OS“ wurde in Verbindung mit dem Psalmenkommentar von Augustinus gebracht: „Humiltas Occidit superbiam“ („Demut besiegt Übermut“). Augustinus vergleicht darin David mit Christus und Goliath mit dem Teufel. So wie David Goliath besiegt, siegt Christus über Satan. Die Inschrift lässt sich sowohl auf die dargestellte biblische Szene beziehen – der demütige David besiegt den übermütigen Goliath – als auch auf Caravaggios eigene Biographie. Er hatte im Affekt 1606 in Rom Ranuccio Tomassoni mit einem Schwerthieb tödlich verletzt und hoffte, durch diese demütige Darstellung bei Scipione Borghese, dem Neffen von Papst Paul V., Gnade zu finden. Unterstützung findet diese These in dem abgeschlagenen Haupt Goliaths, welches die Züge Caravaggios trägt.
(J. Lange, 2011)


Inventare:
  • Summarisches Inventarium. Über die in dem königl. und hoch-fürstl. Kunst-Hause so genannten Medaillen-Cammer befindlichen Pretiosa und anderen Sachen. 1744 / 1747, S. 185, Nr. 168.
  • Catalogue des Tablaux. Kassel 1749, S. 52, Nr. 535.
Literatur:
  • Causid, Simon: Verzeichnis der Hochfürstlich-Heßischen Gemälde-Sammlung in Cassel. Kassel 1783, S. 91, Kat.Nr. 22.
  • Robert, Ernst Friedrich Ferdinand: Versuch eines Verzeichnisses der kurfürstlich hessischen Gemälde-Sammlung. Kassel 1819, S. 22, Kat.Nr. 118.
  • Robert, Ernst Friedrich Ferdinand: Verzeichniß der Kurfürstlichen Gemählde-Sammlung. Cassel 1830, S. 27-28, Kat.Nr. 146.
  • Auszug aus dem Verzeichnisse der Kurfürstlichen Gemälde-Sammlung. Kassel 1845, S. 18, Kat.Nr. 146.
  • Parthey, Gustav: Deutscher Bildersaal. Verzeichnis der in Deutschland vorhandenen Ölbilder verstorbener Maler aller Schulen. Berlin 1863/64, S. 27 (Bd. 1), Kat.Nr. 5.
  • Aubel, L.; Eisenmann, Oscar: Verzeichniß der in der Neuen Gemälde-Galerie zu Cassel befindlichen Bilder. 2. Aufl. Kassel 1878, S. 15, Kat.Nr. 146.
  • Eisenmann, Oscar: Katalog der Königlichen Gemälde-Galerie zu Cassel. Nachtrag von C. A. von Drach. Kassel 1888, S. 337, Kat.Nr. 548.
  • Vogel, Hans: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. Kassel 1958, S. 41, Kat.Nr. 910.
  • Bott, Gerhard; Gronau, Georg; Herzog, Erich; Weiler, Clemens: Meisterwerke hessischer Museen. Die Gemäldegalerien in Darmstadt, Kassel und Wiesbaden. Hanau 1967, S. 102.
  • Herzog, Erich: Die Gemäldegalerie der Staatlichen Kunstsammlungen Kassel. Geschichte der Galerie von Georg Gronau und Erich Herzog. Hanau 1969, S. 14.
  • Lehmann, Jürgen M.: Staatliche Kunstsammlungen Kassel. Katalog 1. Italienische, französische und spanische Gemälde des 16.-18. Jahrhunderts. Fridingen 1980, S. 71.
  • Schnackenburg, Bernhard: Gemäldegalerie Alte Meister Gesamtkatalog. Staatliche Museen Kassel. 2 Bde. Mainz 1996, S. 14, 77.
  • Caravaggio - Originale, Varianten und Kopien im Blick der Forschung. Ausstellungskatalog Düsseldorf Museum Kunst Palast (7. September 2006 - 7. Janaur 2007). Ostfildern 2006, S. 207, Kat.Nr. 3.
  • Lange, Justus u.a.: Lichtgefüge. Das Licht im Zeitalter von Rembrandt und Vermeer. Petersberg 2011, S. 38, Kat.Nr. 5.
  • Lange, Justus; Dohe, Sebastian: Patrimonia 341. Dirck van Baburen, Archill vor der Leiche des Patroklos. Gemäldegalerie Alte Meister, Museumslandschaft Hessen Kassel. Kassel 2013, S. 14.
  • Forster, Peter; Oy-Marra, Elisabeth; Damm, Heiko: Caravaggios Erben. Barock in Neapel. München 2016, S. 266, Kat.Nr. 32.


Letzte Aktualisierung: 03.06.2020



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