Szene aus Wielands Oberon, Skizze



Szene aus Wielands Oberon, Skizze


Inventar Nr.: GK 868
Bezeichnung: Szene aus Wielands Oberon, Skizze
Künstler: Johann Friedrich August Tischbein (1750 - 1812), Maler/in
Christoph Martin Wieland (1733 - 1813), Autor / Verfasser
Datierung: um 1795
Geogr. Bezug:
Material / Technik: Leinwand, doubliert
Maße: 42,5 x 34 cm (Bildmaß)
Provenienz:

erworben 1896 aus dem Nachlass von Friedrich Franz Anton Wilken, einem Enkel des Künstlers

Beschriftungen:


Katalogtext:
Literarische Vorlage ist das von der englischen Dichtung inspirierte Versepos »Oberon« von Christoph Martin Wieland (1733-1813), das 1780 – und in einer gekürzten Fassung 1784 – erschienen war. Tischbeins Szene bezieht sich auf den achten Gesang (Strophe 74/75), wo die Elfenkönigin Titania der schlafenden Amanda ihr Kind bringt.
Amanda, in einem weißen, hochtaillierten, langen Kleid, sitzt in einer efeuumrankten Grotte, die durch Felsgestein und Buschwerk angedeutet ist, und hat die rechte Hand auf den Bauch gelegt. Aus der Sphäre des Himmels schwebt Titania – die eingreifende Macht des Überirdischen – als Traumerscheinung herab, in einem roten Gewand mit einem langen, blaugrauen Tuch, das vom Wind aufgebläht ist. In ihren Armen hält sie den Säugling.
Vorbild für die schwebende Figur der Titania mit dem aufgeblähten Gewand dürften antike Vorlagen gewesen sein, etwa die berühmten tanzenden Bacchantinnen aus der »Villa des Cicero« in Pompeji, die im 1755 erschienenen Stichwerk »Antichità di Ercolano« publiziert worden waren. Eine recht ähnliche Frauenfigur taucht auch auf einer von Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff (1736-1800) entworfenen Deckendekoration in Schloss Wörlitz auf.
Zu der Ölskizze sind weder eine Gemäldefassung noch weitere Skizzen bekannt, so dass unklar ist, in welchen Zusammenhang sie gehört und wann sie gemalt wurde. Illustrationen und bildliche Umsetzungen nach Wielands Oberon lagen 1789 nach Vorlagen von Georg Melchior Kraus vor. 1795 fertigte Johann Heinrich Ramberg (1763-1840) Zeichnungen an und in den Jahren 1803/04 schuf Johann Heinrich Füssli (1741-1825) Illustrationen für die zweite englische Ausgabe des »Oberon«. Tischbein hat Wieland persönlich während seines Aufenthaltes in Weimar im Sommer 1795 kennen gelernt und den Dichter mehrfach porträtiert (Kunsthalle Bremen; Marbach, Schiller-Nationalmuseum, Deutsches Literaturarchiv). Bisher wurde die Skizze in die Jahre zwischen 1785 und 1790 datiert. Es ist aber auch gut möglich, dass Tischbein sie im Auftrag von Fürst Franz in Dessau ausgeführt hat, der ihn im Dezember 1795 zum Hofmaler bestallte.
(S. Heraeus, 2003)


Literatur:
  • Jahrhundertausstellung deutscher Kunst 1650-1800. Darmstadt 1914, S. 145, Kat.Nr. 705.
  • Eisenmann, Oscar [Bearb.]: 25. Aufl. Kurzes Verzeichnis der Gemälde in der königlichen Galerie zu Cassel. 25. Aufl. Kassel 1914, Kat.Nr. 868.
  • Eisenmann, Oscar [Bearb.]: 27. Aufl. Kurzes Verzeichnis der Gemälde in der königlichen Galerie zu Cassel. 27. Aufl. Kassel 1917, Kat.Nr. 868.
  • Stoll, Adolf: Der Maler Friedrich August Tischbein und seine Familie. Stuttgart 1923, S. 182.
  • Gronau, Georg; Luthmer, Kurt: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. 2. Aufl. Berlin 1929, S. 80, Kat.Nr. 868.
  • Luthmer, Kurt: Die hessische Malerfamilie Tischbein. Verzeichnis ihrer Mitglieder und einer Auswahl ihrer Werke. Kassel 1934, S. 33, Kat.Nr. 197.
  • Vom Rokoko zur Romantik. Kassel 1946, Kat.Nr. 36.
  • 175 Jahre Kasseler Akademie. Jubiläums-Ausstellung im Landesmuseum Kassel, veranstaltet von der Staatlichen Werkakademie und den Staatlichen Kunstsammlungen in Kassel. Ausstellungskat. Kassel 1952, S. 16, Kat.Nr. 283.
  • Vogel, Hans: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. Kassel 1958, S. 153, Kat.Nr. 868.
  • Angelika Kauffmann und ihre Zeitgenossen. Bregenz 1968, Kat.Nr. 441.
  • Werner, Peter: Pompeji und die Wanddekoration der Goethezeit. München 1970.
  • Forster-Hahn, Françoise: Ramberg, Wieland und Göschen: Johann Heinrich Rambergs Illustrationen zu Oberon. In: Christoph MArtin Wieland [...] (1984), S. 473-491, S. 473-491.
  • Franke, Martin: Johann Friedrich August Tischbein. Leben und Werk. Egelsbach u. a. 1993, Kat.Nr. 502-504, 601.
  • Heraeus, Stefanie [Bearb.]; Eissenhauer, Michael [Hrsg.]: Spätbarock und Klassizismus. Bestandskatalog der Gemälde in den Staatlichen Museen Kassel. Kassel [u.a.] 2003, S. 202-203, Kat.Nr. 175.


Letzte Aktualisierung: 12.01.2022



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