Die Entstehung der roten Rose



Die Entstehung der roten Rose


Inventar Nr.: AZ 1964
Bezeichnung: Die Entstehung der roten Rose
Künstler: Johann August d. J. Nahl (1752 - 1825), Maler/in
Datierung: 1816
Geogr. Bezug: Rom oder Kassel
Material / Technik: Leinwand, doubliert
Maße: 75 x 100 cm (Bildmaß)
Provenienz:

erworben 1955 von Richard Krebs Jr., Kassel

Versteigerung Lepke, Berlin, 27.10.1903, Nr. 64

bis 1880 Wilhelm Nahl, Kassel

Beschriftungen: Signatur: bez. (am Felsen unterhalb der Venus): J. August Nahl inv. et f./Cassel 1816


Katalogtext:
Als Venus ihrem geliebten Adonis zur Hilfe eilen will, tritt sie versehentlich in einen Rosendorn, woraufhin das Blut der Göttin die bis dahin weißen Rosen rot färbte. Diese wohl antike Geschichte (Geoponica, 11, 17), wurde seit der Renaissance verschiedentlich literarisch aufgegriffen und führte auch zu bildlichen Darstellungen. Entweder zeigen sie die kauernde Göttin, die sich den Dorn selbst herauszieht (z.B. Marco Dentes Kupferstich nach Raffael) oder Amor hilft ihr dabei (z.B. Rubens, USC Fisher Museum of Art, Los Angeles). Allen Darstellungen gemeinsam ist, dass Venus kauernd oder stehend gezeigt wird.

Wahrscheinlich während seines Romaufenthaltes kam Johann August Nahl die Idee zu einer Neuinterpretation der Geschichte kam, indem er den ebenfalls seit der Renaissance gängigen Typus der liegenden oder schlafenden Venus (z.B. Giorgione, Tizian) mit der Szene der Entstehung der Rose verband.

Das Ergebnis ist eine auf einem passenderweise weißen und roten Tuch lagernde Göttin, die geradezu entspannt wirkt, obwohl sie eine komplizierte Torsion vollführt. Während ihr Oberkörper sich den Betrachtenden zuwendet, sind die Beine leicht überkreuzt und das verwundete nach oben angewinkelt, so dass Amor zu Ihren Füßen ohne Mühe den Dorn entfernen kann. Ihren Kopf aufgestützt, beobachtet sie ihn und weist mit dem langestreckten Arm auf die Stelle der Verletzung. Emotionen oder gar Drama sind verschwunden, es herrscht eine klassizistische Ruhe, die ganz auf eine fast skulpturale Ebenmäßigkeit des idealen weiblichen Körpers abzielt.

Nach eigenen Aussagen schuf Johann August Nahl der Jüngere 1790 in Rom seine erste Fassung. Es dürfte sich um das heute ebenfalls in Kassel befindliche Gemälde SM 1.1.1163 handeln. Etwa 25 Jahre später schuf er diese zweite, leicht veränderte Version. In der Lebensbeschreibung des Künstlers heißt es dazu: „Das letzte ausgeführte Oelgemälde an welchem Nahl noch im Jahr 1815, bei abnehmendem Gesicht arbeitete. Er beklagte es mit tiefem Seufzen gegen seinen Sohn Wilhelm, der ihm damals die Farben dazu zur Palette brachte. „Auf bald seh ich es nicht mehr!“ Dieses Gemälde wurde schließlich 1816 vollendet und entsprechend signiert.
(J.Lange, 2025)


Literatur:
  • Nahl d. J., Johann August: Biographische Skizze nach 1815, S. 31.
  • Material zur Familie Nahl aus dem Nachlaß Nicolai.
  • Justi, Karl Wilhelm: Wilhelm Böttner und Johann August Nahl. In: Meusel, Neue Miscellaneen (1796), S. 290-305, S. 303.
  • Justi, Karl Wilhelm: August Nahl's neueste Arbeiten. In: Hessische Denkwürdigkeiten Teil 3 (1802), S. 481-486, S. 484, Kat.Nr. 7.
  • Meusel, Johann Georg: Teutsches Künstlerlexikon oder Verzeichnis der jetztlebenden Teutschen Künstler, Zweite überarb. Ausgabe. Lemgo 1808ff, S. 82 (Bd. 2, 1809).
  • Catalog über die von Joh. Friedrich Frauenholz hg. Kupferstiche und Kunstwerke. Nürnberg 1809, S. 7, 36.
  • Justi, Karl Wilhelm: Grundlagen zu einer hessischen Gelehrten- Schriftsteller- und Künstler-Geschichte vom Jahre 1806 bis zum Jahre 1830.Fortsetzung von Strieders Hessischer Gelehrten- und Schriftsteller-Geschichte und Nachträge zu diesem Werk. Marburg 1831, S. 469.
  • Nagler, Georg Kaspar: Neues allgemeines Künstler-Lexicon. München 1835ff, S. 106 (Bd. 10, 1841).
  • Nahl, Wilhelm: Biographische Skizze zu Johann August Nahl d. J. 1849, S. 2, 3, Kat.Nr. 3.
  • Katalog einer Sammlung von Original-Gemälden etc. älterer und neuerer Meister aus der Hinterlassenschaft des in Cassel verstorbenen Herrn Joh. Wilh. Nahl. Kassel 1881, Kat.Nr. 32.
  • Boetticher, Friedrich von: Malerwerke des 19. Jahrhunderts. Leipzig 1941, S. 123 (Bd. 2/1), Kat.Nr. 7.
  • Von den Erwerbungen der letzten Jahre. Ausstellungshefte der Städtischen Kunstsammlungen zu Kassel, Heft 4. Kassel 1955, Kat.Nr. 416.
  • Drei Kollektionen: Christian Bexer, Johann August Nahl d. J. und August von der Embde. Kassel 1959, Kat.Nr. 139.
  • Katalog der Städtischen Kunstsammlungen. Kassel 1965, S. 412, Kat.Nr. 12.
  • Dreiheller, Fritz: Notizen zu Emilie Weplers "Familiengeschichte aus Kassel". Darmstadt 1966, S. 1.
  • Dreiheller, Fritz: Joh. August Nahl d. J., Pygmalion. Darmstadt 1968, S. 3.
  • Dreiheller, Fritz: Joh. August Nahl d. J. und der Kunstverleger Frauenholz. Darmstadt 1969, S. 5.
  • Sabine Fett und Michaela Kalusok: Die Künstlerfamilie Nahl - Rokoko und Klassizismus in Kassel. Verzeichnis sämtlicher Werke von Johann August Nahl d. Ä., Johann Samuel Nahl d. J. und Johann August Nahl d. J. im Besitz der Staatlichen Museen Kassel. Kassel 1994, S. 72, Kat.Nr. 79.1.
  • German Printmaking in the Age of Goethe. London 1994, S. 106, Kat.Nr. 60.
  • Heraeus, Stefanie [Bearb.]; Eissenhauer, Michael [Hrsg.]: Spätbarock und Klassizismus. Bestandskatalog der Gemälde in den Staatlichen Museen Kassel. Kassel [u.a.] 2003, S. 130-132, Kat.Nr. 108.
  • Hirschfelder, Dagmar [Bearb.]; Hepp, Frieder [Hrsg.]: Frauenkörper. Der Blick auf das Weibliche von Albrecht Dürer bis Cindy Sherman, Heidelberg Kurpfälzisches Museum, Ausstellung 24.10.2021-20.02.2022. Petersberg 2021, S. 103, Abbildung S. 103, Kat.Nr. 19.

Siehe auch:


  1. AZ 289: Die Entstehung der roten Rose


Letzte Aktualisierung: 04.03.2025



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