Der junge Tobias heilt seinen blinden Vater



Der junge Tobias heilt seinen blinden Vater


Inventar Nr.: GK 568
Bezeichnung: Der junge Tobias heilt seinen blinden Vater
Künstler: Annibale Carracci (1560 - 1609), Maler/in, Umkreis
Datierung: um 1595 - 1600
Geogr. Bezug:
Material / Technik: Öl
Maße: 52,8 x 66,5 cm (Bildmaß)
Provenienz:

erworben 1750 mit dem Kabinett des Valerius Röver, Delft, durch Wilhelm VIII


Katalogtext:
Der alte Tobit lebte zusammen mit seiner Frau Hanna und dem gemeinsamen Sohn Tobias im Exil in Assyrien. Dort zeichnete er sich durch besondere Barmherzigkeit aus, da er seinen Glaubensbrüdern selbst unter Lebensgefahr beistand. Als er sich eines Tages an der Hofmauer zum Schlafen legte, fiel ihm der warme Kot von Sperlingen in die Augen, der ihn erblinden lässt. Gott sandte daraufhin seinen Engel Raffael, der Tobits Sohn auf der Suche nach Hilfe begleiten soll. Nach einer langen Reise, auf der Tobias seine Braut Sara kennenlernt, kehrt Tobias schließlich mit der Galle eines Fisches zurück, deren Saft dem alten Vater wieder das Augenlicht zurückgibt.

Die Geschichte entstammt dem Buch Tobit, einem apokryphen Teil des Alten Testaments, das sich gerade im 17. Jahrhundert einer großen Beliebtheit erfreute und zu zahlreichen gemalten oder graphischen Darstellungen führte.

Dargestellt ist der Augenblick, in dem der Sohn seinem Vater die Fischgalle auf die Augen streicht. Nach der erfolgten Heilung ruft Tobit aus: „Sei gepriesen, Gott, gepriesen sei dein Name in Ewigkeit. Gepriesen seien alle deine heiligen Engel.“ (Buch Tobit 11, 1-15). Zwischen Vater und Sohn sieht man Hanna, die sich ihrem Mann zuwendet. Bemerkenswert an der Komposition ist der Verzicht auf die Darstellung des Engels, der sonst häufig die Figurengruppe ergänzt. Das Kasseler Gemälde wurde 1750 mit dem Kabinett des Delfter Sammlers Valerius Röver für die Kasseler Gemäldegalerie erworben und galt als Werk Annibale Carraccis. Seit dem späten 19. Jahrhundert wurden Zweifel an der Zuschreibung laut, so dass es heute dem Umkreis des Künstlers zugewiesen wird.

Die außerordentliche Qualität der Malerei sowohl der Figuren wie der Landschaft spricht für einen bedeutenden Meister. Jüngst hat Jonathan Bikker auf eine Stelle bei Joachim Sandrart verwiesen, die eine Zuschreibung an Carracci doch für möglich erscheinen lässt. Demnach erhielt Balthasar Coymans in Rom eine Serie mit Darstellungen der sieben Werke der Barmherzigkeit von Annibale Carracci zum Geschenk als Dank für Unterstützung, die Coymans dem Künstler in Rom während der Arbeiten an den Fresken der Galleria Farnese gewährte (Sandrart 1675, Bd. II, S. 188). Darunter befand sich auch das Kasseler Gemälde „Der junge Tobias heilt seinen erblindeten Vater“. In der Tat ergeben sich gerade zu Arbeiten Annibales aus der Zeit um 1595-1600 zahlreiche Bezugspunkte (vgl. Ausst. Kat. Bologna/Rom 2006/07, Kat. Nr. VI. 4 und VII.28).
(J. Lange, 2011)


Inventare:
  • Catalogue des Tablaux. Kassel 1749, S. 55, Nr. 606.
Literatur:
  • Hoet, Gerard: Catalogus of Naamlyst van Schilderyen, mit derzelver Pryzen. Zedert een langen Reeks van Jaaren zoo in Holland als op andere Plaatzen in het Openbaar verkogt. Den Haag 1752, 1770, S. 307, 386 (Bd. 1), Kat.Nr. 2, 9.
  • Causid, Simon: Verzeichnis der Hochfürstlich-Heßischen Gemälde-Sammlung in Cassel. Kassel 1783, S. 65, Kat.Nr. 99.
  • Robert, Ernst Friedrich Ferdinand: Versuch eines Verzeichnisses der kurfürstlich hessischen Gemälde-Sammlung. Kassel 1819, S. 19, Kat.Nr. 99.
  • Robert, Ernst Friedrich Ferdinand: Verzeichniß der Kurfürstlichen Gemählde-Sammlung. Cassel 1830, S. 24, Kat.Nr. 125.
  • Auszug aus dem Verzeichnisse der Kurfürstlichen Gemälde-Sammlung. Kassel 1845, S. 17, Kat.Nr. 125.
  • Parthey, Gustav: Deutscher Bildersaal. Verzeichnis der in Deutschland vorhandenen Ölbilder verstorbener Maler aller Schulen. Berlin 1863/64, S. 255 (Bd. 1), Kat.Nr. 7.
  • Aubel, L.; Eisenmann, Oscar: Verzeichniß der in der Neuen Gemälde-Galerie zu Cassel befindlichen Bilder. 2. Aufl. Kassel 1878, S. 13-14, Kat.Nr. 125.
  • Eisenmann, Oscar: Katalog der Königlichen Gemälde-Galerie zu Cassel. Nachtrag von C. A. von Drach. Kassel 1888, S. XLV Anm. 52), 329, Kat.Nr. 529.
  • Gronau, Georg: Katalog der Königlichen Gemäldegalerie zu Cassel. Berlin 1913, S. 12, Kat.Nr. 568.
  • Moes, E. W.: Het Kunstkabinet van Valerius Röver te Delft. In: Oud Holland 30 (1913), S. 4-24, S. 23, Kat.Nr. 105.
  • Gronau, Georg; Luthmer, Kurt: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. 2. Aufl. Berlin 1929, S. 14, Kat.Nr. 568.
  • Luthmer, Kurt: Staatliche Gemäldegalerie zu Kassel. Kurzes Verzeichnis der Gemälde. 34. Aufl. Kassel 1934, S. 45, Kat.Nr. 568.
  • Voigt, Franz: Die Gemäldegalerie Kassel. Führer durch die Kasseler Galerie. Kassel 1938, S. 75, Kat.Nr. 568.
  • Pigler, Andor: Barockthemen. Eine Auswahl von Verzeichnissen zur Ikonographie des 17. und 18. Jahrhunderts. 3 Bde. (Bd.1 Darstellungen religiösen Inhalts, Bd. 2 Profane Darstellungen, Bd. 3 Tafelband). Budapest/Berlin 1956, S. 188 (Bd. 1).
  • Vogel, Hans: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. Kassel 1958, S. 41, Kat.Nr. 568.
  • Bott, Gerhard; Gronau, Georg; Herzog, Erich; Weiler, Clemens: Meisterwerke hessischer Museen. Die Gemäldegalerien in Darmstadt, Kassel und Wiesbaden. Hanau 1967, S. 116.
  • Herzog, Erich: Die Gemäldegalerie der Staatlichen Kunstsammlungen Kassel. Geschichte der Galerie von Georg Gronau und Erich Herzog. Hanau 1969, S. 28, 91.
  • Lehmann, Jürgen M.: Staatliche Kunstsammlungen Kassel. Katalog 1. Italienische, französische und spanische Gemälde des 16.-18. Jahrhunderts. Fridingen 1980, S. 10, 78.
  • Lehmann, Jürgen Michael: Italienische, französische und spanische Meister in der Kasseler Gemäldegalerie. Sonderdruck für die Staatlichen Kunstsammlungen Kassel. Melsungen 1986, S. 30.
  • Schnackenburg, Bernhard: Gemäldegalerie Alte Meister Gesamtkatalog. Staatliche Museen Kassel. 2 Bde. Mainz 1996, S. 78-79.
  • Savoy, Bénédicte: Patrimoine annexé: Les biens culturels saisis par la France en Allemagne autour de 1800. Paris 2003, S. 167, Kat.Nr. 380.
  • Lange, Justus u. a.: Dialoge. Barocke Meisterwerke aus Darmstadt zu Gast in Kassel. Petersberg 2011, S. 128, Kat.Nr. 43.
  • Rehm, Stefanie: Die Rekonstruktion eines spektakulären Ankaufs im Jahr 1750. Landgraf Wilhelm VIII. und die Sammlung Röver aus Delft. In: Museumslandschaft Hessen Kassel. Jahrbuch 2016 (2018), S. 216-225.


Letzte Aktualisierung: 03.06.2020



© Hessen Kassel Heritage 2024
Datenschutzhinweis | Impressum