Jakob segnet Ephraim und Manasse



Jakob segnet Ephraim und Manasse


Inventar Nr.: GK 249
Bezeichnung: Jakob segnet Ephraim und Manasse
Künstler: Rembrandt Harmensz. van Rijn (1606 - 1669), Maler/in
Datierung: 1656
Geogr. Bezug:
Material / Technik: Öl
Maße: 173 x 209 cm (Bildmaß)
Provenienz:

erworben vermutlich 1752 durch Wilhelm VIII.

1807 bis 1815 im Zuge der Konfiszierung deutscher Kunstwerke durch Frankreich als Exponat im Musée Napoléon, Paris


Katalogtext:
Als Jakob in Ägypten das Alter von 147 Jahren erreicht hatte und krank geworden war, kam sein Sohn Joseph mit seinen eigenen Söhnen Manasse und Ephraim zu ihm. Jakob, der seine Kräfte sammelte und sich im Bett aufrecht setzte, adoptierte seine Enkel und stellte sie seinen Söhnen gleich. Darauf forderte er Joseph auf, sie zum Segen heranzuführen. >>Israels (= Jakobs) Augen waren vor Alter schwer geworden, und er konnte nicht mehr recht sehen ... Dann nahm Joseph beide, Ephraim an seine Rechte, und Manasse an seine Linke, zur Rechten Israels, und führte sie zu ihm hin. Israel streckte seine Rechte aus und legte sie Ephraim auf den Kopf, obwohl er der jüngere war, seine Linke aber legte er Manasse auf den Kopf, wobei er seine Hände mit Überlegungen führte ...<< Joseph, dem dies nicht gefiel, >>unterfaßte die Hand seines Vaters, um sie von Ephraims Kopf auf den Kopf Manasses hinüberzuziehen, und sagte zu seinem Vater: >Nicht so, Vater, sondern der ist der Erstgeborene; leg deine Rechte ihm auf den Kopf!< Aber sein Vater wollte nicht. >Ich weiß, mein Sohn, ich weiß<, sagte er, >auch er wird zu einem Volk, auch er wird groß sein; aber sein jüngerer Bruder wird größer sein als er, und seine Nachkommen werden zu einer Fülle von Völkern< ... So setzte Israel Ephraim vor Manasse.<< (1. Buch Moses, 48, in der Textinterpretation der holländischen Statenbijbel von 1637). Rembrandts Erzählung gibt nicht die Dramatik der Erzählung wieder, sondern betont ihren Wesensgehalt im Sinne der christlichen Deutung, nach welcher Ephraim als Vorläufer des jüngeren, von Gott gegenüber dem Judentum bevorzugten Christentum gesehen wurde. Der blonde, lichtumstrahlte Knabe im Bildzentrum überkreuzt seine Hände auf der Brust (in der Septuaginta-Übersetzung und den ihr folgenden Darstellungen überkreuzt Jakob seine Arme).
Josephs Unterfassungsgeste der segnenden Hand ist auffallend unbestimmt und sowohl als behutsamer Widerstand gegen den väterlichen Willen wie - entgegen dem Bibeltext - als dessen Unterstützung gedeutet worden. Die Hinzufügung von Asnath, der Mutter der Kinder, dient der Vervollständigung der Familie bei dieser bedeutenden Handlung.
Wegen mehrfacher Änderungen der Komposition und Verwendung verschiedenartiger Maltechniken ist ein langwieriger Entstehungsprozeß anzunehmen. Ein Auftraggeber - der nicht voraus gesetzt werden muss - ist ebensowenig überliefert wie ein Vorbesitzer oder der Verkäufer. Die einzige, wenn auch unsichere Spur des Bildes aus der Zeit vor der Kasseler Erwerbung ist eine überlieferte Pastellkopie von C. Troost (J. W. Niemeijer, Cornelis Troost, Assen 1973, Kat. Nr. 919 T). Nach einem Säureattentat im Oktober 1977 erfolgte im Münchner Doerner-Institut eine Restaurierung durch H. von Sonnenburg. Dabei zeigte sich, daß der Erhaltungszustand >>auch unter Berücksichtigung der kürzlich erfolgten Säureschäden als ausgesprochen gut bezeichnet werden kann<< (von Sonnenburg 1978, S. 228).
(G. J. M. Weber, 2006)


Inventare:
  • Catalogue des Tablaux. Kassel 1749, S. 64, Nr. 731.
Literatur:
  • Causid, Simon: Verzeichnis der Hochfürstlich-Heßischen Gemälde-Sammlung in Cassel. Kassel 1783, S. 4, Kat.Nr. 12.
  • Robert, Ernst Friedrich Ferdinand: Versuch eines Verzeichnisses der kurfürstlich hessischen Gemälde-Sammlung. Kassel 1819, S. 52, Kat.Nr. 321.
  • Robert, Ernst Friedrich Ferdinand: Verzeichniß der Kurfürstlichen Gemählde-Sammlung. Cassel 1830, S. 60, Kat.Nr. 367.
  • Auszug aus dem Verzeichnisse der Kurfürstlichen Gemälde-Sammlung. Kassel 1845, S. 39, Kat.Nr. 367.
  • Aubel, L.; Eisenmann, Oscar: Verzeichniß der in der Neuen Gemälde-Galerie zu Cassel befindlichen Bilder. 2. Aufl. Kassel 1878, S. 35, Kat.Nr. 367.
  • Eisenmann, Oscar: Katalog der Königlichen Gemälde-Galerie zu Cassel. Nachtrag von C. A. von Drach. Kassel 1888, S. 151-152, Kat.Nr. 227.
  • Bode, Wilhelm; Hofstede de Groot, C. (mitwirkend): Rembrandt. Beschreibendes Verzeichniss seiner Gemälde mit den Heliographischen Nachbildungen. Geschichte seines Lebens und seiner Kunst. Paris 1897-1901, S. 41-42 (Bd. 6), Kat.Nr. 404.
  • Voll, Karl: Die Meisterwerke der königlichen Gemälde-Galerie zu Cassel. München 1904.
  • Neumann, Carl: Rembrandt. 2 Bde. 2. Aufl. Berlin/Stuttgart 1905, S. 416-418.
  • Gronau, Georg: Katalog der Königlichen Gemäldegalerie zu Cassel. Berlin 1913, S. 53, Kat.Nr. 249.
  • Gronau, Georg; Luthmer, Kurt: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. 2. Aufl. Berlin 1929, S. 63, Kat.Nr. 249.
  • Luthmer, Kurt: Staatliche Gemäldegalerie zu Kassel. Kurzes Verzeichnis der Gemälde. 34. Aufl. Kassel 1934, S. 23, Kat.Nr. 247.
  • Benesch, Otto: Rembrandt. Werk und Forschung. Wien 1935, S. 58, Kat.Nr. dG. 22.
  • Bredius, A.: Rembrandt Gemälde. Wien 1935.
  • Seiffert-Wattenberg, R.: Rembrandt Harmensz. van Rijn. München 1936, S. 7.
  • Voigt, Franz: Die Gemäldegalerie Kassel. Führer durch die Kasseler Galerie. Kassel 1938, S. 22-23, Kat.Nr. 249.
  • Einem, Herbert von: Rembrandt. Der Segen Jakobs. Berlin 1948.
  • Einem, Herbert von: Rembrandt. Der Segen Jakobs. Bonn 1950.
  • Vogel, Hans; Bode, Arnold; Schuh, Ernst: Gemälde der Kasseler Galerie kehren zurück. Ausstellung Kunsthistorisches Museum Wien 20.12.1955 - 5.2.1956, Hessisches Landesmuseum Kassel 18.3.1956 - 30.9.1956. Kassel 1955, S. 18-19, Kat.Nr. 41.
  • Vogel, Hans: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. Kassel 1958, S. 122, Kat.Nr. 249.
  • Vogel, Hans: 45 Gemälde der Kasseler Galerie. Kassel 1961, S. 66.
  • Rosenberg, Jakob: Rembrandt. Life & Work. 2. Aufl. London 1964, S. 170, 223-226.
  • Herzog, Erich: Holländische Meister des 17. Jahrhunderts aus den Betänden der Staatlichen Kunstsammlungen Kassel (Jahresausgabe der Hessischen Brandversicherungsanstalt für 1965). Kassel 1965, S. Vorwort o. S.
  • Einem, Herbert von: Rembrandt van Rijn. Der Segen Jakobs. Stuttgart 1965.
  • Rosenberg, Jakob; Slive, Seymour; Ter Kuile, E. H.: Dutch Art and Architecture 1600 to 1800. Harmondsworth 1966.
  • Bott, Gerhard; Gronau, Georg; Herzog, Erich; Weiler, Clemens: Meisterwerke hessischer Museen. Die Gemäldegalerien in Darmstadt, Kassel und Wiesbaden. Hanau 1967, S. 159, Kat.Nr. XII.
  • Münz, Ludwig: Rembrandt. Köln 1967, S. 116, Kat.Nr. 30.
  • Herzog, Erich: Die Gemäldegalerie der Staatlichen Kunstsammlungen Kassel. Geschichte der Galerie von Georg Gronau und Erich Herzog. Hanau 1969, S. 74.
  • Lehmann, Jürgen M.; Verein der Freunde der Kasseler Kunstsammlungen, Kassel e. V. (Hrsg.): Gemäldegalerie Alte Meister. Schloß Wilhelmstal. Bildheft mit 100 Meisterwerken. Kassel 1975.
  • Adler, Wolfgang; Herzog, Erich; Lahusen, Friedrich; Lehmann, Jürgen M.: Gemäldegalerie Alte Meister Schloß Wilhelmshöhe. Braunschweig 1981, S. 13, 73-74.
  • Beisheim, Johannes; Ketelsen, Thomas: Bibelbilder (mit Erläuterungen zu Werken der Kasseler Gemäldegalerie Alte Meister von T. Ketelsen). Kassel 1992, Kat.Nr. 7.
  • Schnackenburg, Bernhard: Gemäldegalerie Alte Meister Gesamtkatalog. Staatliche Museen Kassel. 2 Bde. Mainz 1996, S. 244-245.
  • Savoy, Bénédicte: Patrimoine annexé: Les biens culturels saisis par la France en Allemagne autour de 1800. Paris 2003, S. 236, Kat.Nr. 528.
  • Weber, Gregor J. M.: Rembrandt im Kontrast. Die Blendung Simsons und Der Segen Jakobs. Kassel 2005, S. 12, 82, Kat.Nr. 12.
  • Weber, Gregor J. M. u. a.: Rembrandt-Bilder. Die historische Sammlung der Kasseler Gemäldegalerie. Ausstellungskatalog Staatliche Museen Kassel. München 2006, S. 213-219, Kat.Nr. 30.
  • Lange, Justus u.a.: Lichtgefüge. Das Licht im Zeitalter von Rembrandt und Vermeer. Petersberg 2011, S. 17.
  • Dohe, Sebastian; Guratzsch, Herwig; Lange, Justus: 'Die holländischen Bilder hab ich freilich gern'. Wilhelm Busch und die Alten Meister. Kassel 2013, S. 81.
  • Jonathan Bikker/ Gregor J.M. Weber: Rembrandt. The late works. London 2014, S. 257, 259, 261, 262.
  • Staatliche Kunstsammlungen Dresden: Kunstwerte. Dresdener Kunstblätter 4/2014. Dresden 2014, S. 37, 38, 39, 40.
  • Kern, Ulrike: Light and Shade in Dutch and Flemish Art. Belgien 2014, S. 160-162.
  • Lange, Justus; Dohe, Sebastian; Harmssen, Anne: Mene, mene tekel. Das Gastmahl des Belsazar in der niederländischen Kunst. Kassel 2014, S. 53.
  • Bikker, Jonathan: Der späte Rembrandt. Amsterdam 2014, S. 257f, Kat.Nr. 120.
  • Govert Flinck - Reflecting History. Kleve 2015, S. 66ff.
  • Borenius, Tancred: Rembrandt. London 2015.
  • Wetering, Ernst van de: Rembrandt. The painter thinking. Amsterdam 2016, Kat.Nr. 183.
  • Weber, Gregor J. M.: Rembrandt in Kassel. The Relativity of Eighteenth-Century Connoisseurship. In: Appreciation the Traces of an Artist's Hand, Kyoto Studies in Art History, Bd. 2 (2017), S. 73-82, S. 75.
  • Manuth, Volker; Winkel, Marieke de; Leeuwen, Rudie van: Rembrandt. Sämtliche Werke. Köln 2019, Kat.Nr. 25.
  • Rehm, Stefanie: Tischbein und die Kunst des "Goldenen Zeitlaters". Rezeptionsgeschichte(n) um 1800. Heidelberg 2020, S. 248.


Letzte Aktualisierung: 28.11.2022



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