Tischbein d. Ä. (Schule) [= Eintrag erfolgt unter Tischbein, Johann Heinrich d. Ä.]


Name: Tischbein d. Ä. (Schule) [= Eintrag erfolgt unter Tischbein, Johann Heinrich d. Ä.]
Datierung: unbekannt
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Engelschall spricht in seiner Biographie zwar euphorisch von Johann Heinrich Tischbein d. Ä. als »Vater und Stifter einer neuen Kunstschule, die sich seitdem bis nach Italien ausgebreitet hat, und wahrscheinlich Epoche machen wird« (Engelschall 1797, S. 48). Doch ist kaum etwas von Tischbeins Werkstattbetrieb überliefert. Lediglich in einem Gesuch an den Landgrafen aus dem Jahr 1778 nennt der Hofmaler die Zahl seiner Schüler. Da sie sich von zehn auf 40 bis 50 vergrößert habe und er nun mehr Zeichnungen und Kupferstiche als Vorlagen benötige, bittet er den Landgrafen um eine Gehaltserhöhung (StAM, Best. 5, Nr. 9553).
Tischbein d. Ä. unterhielt neben seiner Lehrtätigkeit am Collegium Carolinum, an dem er seit 1762 unterrichtete, eine Werkstatt in seinem Haus, in der er seine Schüler mit den praktischen Grundlagen der Malerei vertraut machte. Dafür erhielt er von den Schülern zusätzliches Lehrgeld. »Auch mußte ich Farbe reiben, Tücher grundieren, Paletten machen und Pinsel putzen [...]«, notiert Johann Heinrich Wilhelm, der »Goethe-Tischbein«, der 1765 in das Atelier seines Onkels kam, in seinen Lebenserinnerungen (J. H. W. Tischbein 1861, Bd. 1, S. 59). Seit 1777 unterrichtete Tischbein d. Ä. an der von Landgraf Friedrich II. gegründeten Maler- und Bildhauerakademie. Sie war im Akademiegebäude an der Schönen Aussicht untergebracht, unweit vom Galeriegebäude der landgräflichen Gemäldesammlung, die in das Studium miteinbezogen wurde. In der Akademie gab es die so genannte Unterklasse, in der nach Vorlagen und nach dem Leben gezeichnet wurde, und die Oberklasse für Fortgeschrittene, in der man in der Werkstatt des jeweiligen Professors arbeitete. Da in Kassel die Akademieprofessoren zugleich die ersten Maler und Bildhauer am Hofe waren, arbeiteten die fortgeschrittenen Schüler oft an landgräflichen Auftragswerken.
Zu den Schülern Tischbeins, die namentlich überliefert sind, gehören neben Mitgliedern seiner Familie Johann Werner Kobold, Wilhelm Böttner und Andreas Range, ferner Ernst Friedrich Robert, Georg Melchior Kraus, Johann Georg Pforr und Johann Heinrich Schröder. Da Tischbein d. Ä. »lernbare Formeln« benutzte (Börsch-Supan 1988, S. 137), eigneten sich seine Kompositionsweise und sein Malstil besonders gut für die Entstehung einer Schule. Es gibt eine nicht unerhebliche Anzahl an Gemälden, die als Werke der Tischbein-Schule gelten, ohne dass man bestimmen kann, von welcher Hand sie stammen oder wie stark Tischbein d. Ä. daran mitgewirkt hat. Die Porträts folgen in Komposition, Gestik und Mimik sowie in den modischen Accessoires Tischbeins Bildsprache nach französischem Vorbild. Oft fehlt ihnen aber die routinierte Maltechnik und der Sinn für das Stoffliche. Vor allem beim Inkarnat und bei den Gesichtszügen, die Tischbein besonders weich zu modellieren verstand, wirken die Schülerarbeiten weniger differenziert. Dies zeigt sich auch bei der Farbskala und deren Abstufungen sowie beim Gebrauch des Helldunkel.

Knackfuß 1908, bes. Kap. 1 u. 2; Demnig 1977, S. 55-72; Heinz 1989, S. 146-151; Flohr 1997, S. 63-65; Heinz 2000, S. 212-228.


Beziehungen:


  1. Haupteintrag: Tischbein, Johann Heinrich d. Ä. (Haina 3.10.1722 - 22.8.1789 Kassel)

Letzte Aktualisierung: 08.05.2010



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