Saskia van Uylenburgh im Profil, in reichem Kostüm
Saskia van Uylenburgh im Profil, in reichem Kostüm
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Inventar Nr.:
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GK 236 |
Bezeichnung:
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Saskia van Uylenburgh im Profil, in reichem Kostüm |
Künstler:
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Rembrandt Harmensz. van Rijn (1606 - 1669), Maler/in
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Dargestellt:
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Saskia van Uylenburgh (1612 - 1642) |
Datierung:
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1642 |
Geogr. Bezug:
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Material / Technik:
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Öl |
Maße:
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99,5 x 78,8 cm (Bildmaß) 128,5 x 107,2 x 8 cm (Objektmaß)
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Provenienz: | erworben 1750 durch Wilhelm VIII. mit dem Kabinett des Valerius Röver, Delft |
Katalogtext:
Jan Veth, der 1911 in sein Buch „Im Schatten alter Kunst“ ein Kapitel über die Rembrandtgemälde in Kassel aufnahm, schrieb in der Regel sachlich, bisweilen sehr kritisch über die ausgestellten Werke. Im Fall der Saskia verändert sich sein Ton merklich, es ist ihm „ein Bildnis, das man, wie auch über seinen absoluten malerischen Wert gedacht wird, und was daran auch bekrittelt werden mag, doch um etwas sehr Liebes in Rembrandts Werk nicht missen möchte“. Er steigert sich zu wirklicher Begeisterung, ruft den Liebhaber Rembrandt in Erinnerung, „der willens war, sie zu malen mit den heiligen Entzücken, mit dem der Licht und Leben Liebende das Leuchten der Morgenstunde begrüßt, mit dem atemlosen Zittern, womit der dürstende Schatzgräber einen kostbaren Edelstein entdeckt.“ Viele ähnliche Stimmen ließen sich zitieren, die den hohen Stellenwert gerade dieses Bildes für die Kasseler Galerie, aber auch für das Gesamtwerk Rembrandts überhaupt belegen. Auch einer heutigen nüchternen Befragung entzieht sich das Gemälde immer wieder durch manche Rätsel seiner Form, Darstellung und Bedeutung.
Vor dunklem Grund steht eine junge Frau bis zur Hüfte sichtbar vor uns, den Körper leicht, den Kopf dagegen ganz in das Profil nach links gewendet. Das von oben links einströmende Licht beleuchtet ihr Gesicht und den Rand des großen roten Samtbaretts mit einer weißen Straußenfeder, dazu ihre rechte Schulter und Teile der Hände, die sie vor der Brust zusammenführt. Ihre Kleidung ist außergewöhnlich reich gestaltet: Das rote Samtgewand weist golden gestickte Borten auf, auch das Barett erhielt einen goldenen Brokatbesatz. Ihr Hemd, das am Hals dicht geschlossen ist, besteht aus konzentrisch gearbeiteten Bändern von Ornamenten in lichtem Gelb und Grün, dazu goldene Zierapplikationen und eine Perlenkette, die in der Mitte eine größere tropfenförmige Perle aufweist. Die Arme bekleiden große Puffärmel, die ebenfalls golden glitzern. Goldgeschmeide findet sich auch an einem Band, das von der Schulter auf die Brust reicht, weiterhin am Handgelenk der jungen Frau, an dem sie überdies mehrere Perlenketten trägt. Eine Goldkette hält auch ihr rötliches Haar zusammen, golden ist ihr Ohrschmuck, an dem eine weitere tropfenförmige Perle hängt. Ein Pelz liegt links über ihrer Schulter und ihrem Arm, während er rechts an dem mit goldenen Schmuckstücken verzierten schwarzen Band geknüpft zu sein scheint. Im Widerspruch zu dem aufwendigen Schmuck hält die Dargestellte in der Hand lediglich einen kleinen Zweig mit schmalen grünen Blättchen.
Die alten Angaben zum Format des Gemäldes widersprechen sich. 1734 trug Valerius Röver es in sein Inventar mit der Mitteilung ein, es sei – umgerechnet – 122,7 x 101,9 cm groß und oben rund. Die Maßangaben im Kasseler Inventar von 1749ff. entsprechen dem in etwa (ca. 120,5 x 99,5 cm), wohingegen der Autor des Inventars von 1775 zuerst 109,5 x 89,0 eintrug, dies aber mit 128 x 104,5 cm überschrieb. Auch für ihn ist das Bild oben rund. Glaubt man diesen Angaben, müsste die heute nur 99,5 x 78,5 cm große Tafel in Höhe und Breite sehr stark beschnitten worden sein. Die neuesten technischen Untersuchungen von Hans Brammer und Kerstin Binzer ergaben aber, daß die Tafel oben und unten allenfalls nur wenig beschnitten sein kann; inwieweit dies seitlich der Fall ist, bleibt unbestimmt (siehe den technischen Befund oben). Eine Rundung der originalen Tafel an der Oberkante ist damit ausgeschlossen; vermutlich kaschierte der alte Rahmen das Gemälde dort nur mit einer halbrunden Einlage. Die Abweichungen gegenüber dem heutigen Maß betragen in Höhe und Breite jeweils gleiche Abstände von ca. 20 / 23 cm sowie 10 cm. Dies spricht im ersten Fall eher dafür, daß ein Rahmen von ca. 10 / 11,5 cm Breite mitgemessen worden ist, als daß Anstückungen so gleichmäßig um das Bild geführt worden wären. Die Korrektur der Maße im Inventar 1775 zeigt einen größeren Zuwachs in der Höhe als in der Breite. Da das Gemälde immer noch als oben rund bezeichnet wird, könnte bei einer Neurahmung der obere Schenkel insgesamt als Bogen gearbeitet worden sein.
Wie im technischen Bericht dargestellt, wird die Parkettierung der Tafel in Paris 1806/07 ausgeführt worden sein. Dazu hat man sie auf wenige Millimeter gedünnt und sicherlich an den Rändern begradigt, d.h. beschnitten. Das 1809 in Paris publizierte Maß des Bildes beträgt 102,6 x 82,6 cm. Wenn der damals eingetretene Verlust an jeder Seiten ca. 3 bis 3,5 cm betragen würde, könnte der überschriebene Eintrag im Inventar von 1775 mit 109,5 x 89,0 cm das eigentliche alte Bildmaß sein. Die etwa um 1652 entstandene Kopie des Gemäldes in Antwerpen zeigt immerhin bei einem nahezu identischen Format von 112 x 89,5 cm die gleiche Proportion von Höhe und Breite, aber etwas mehr Raum um die Figur der Saskia als auf dem Kasseler Bild.
Die strenge Profilform des Porträts mit dem Aufschwung des roten Baretts wäre mit einem halbrunden Abschluss der Darstellung sehr gut vereinbar. Der ohnehin vorhandene Charakter des Erhabenen, fast Sakralen steigerte sich dadurch. Die strenge Profilform besitzt selbst etwas Hoheitsvolles, basiert sie doch letztlich auf der antiken Bildniskunst der Münzen und Medaillen, die vor allem im Herrscherbild wiederholt Anwendung fand. Rembrandt selbst hatte 1632 Amalia von Solms in dieser Form als Pendant zu einem Bildnis Honthorsts von deren Ehemann Frederik Hendrik von Oranien Nassau gemalt, so daß sich das fürstliche Paar direkt anschaut. Als weitere Quellen dieser Porträtform lassen sich vor allem Florentiner Frauenbildnisse um 1500 – etwa von Botticelli oder Ghirlandaio – angeben. Bei ihnen wird die schöne Linie nicht nur im Profil gesucht, sondern auch im Schwung des Oberkörpers, der ebenfalls in der Seitenansicht dargestellt wird. An die Zeit um 1500 erinnert auch das Kostüm der Saskia, das allerdings nicht italienischen, sondern nördlichen Vorbildern folgt. Grundzüge ihrer Mode lassen sich z.B. auf Gemälden von Lucas Cranach d.Ä. wiederfinden.
Die komplizierte Entstehungsgeschichte des Kasseler Bildnisses haben die Autoren des Rembrandt-Research-Projects detailliert nachgezeichnet. Dabei konnten sie eine Zeichnung, die heute Govaert Flinck zugeschrieben wird, als Dokumentation eines Vorzustands des Gemäldes heranziehen. Demnach war Saskia zunächst nicht im reinen Profil dargestellt, sie trug keinen Pelz und ihr Barett wies keine Feder auf; vermutlich war auch ihr Hemd noch nicht so detailliert ausgeführt. Auf der Zeichnung hält sie in der Hand – nur summarisch angedeutet – eine oder mehrere Blumen, die auch auf dem Gemälde geplant, teilweise mit bloßem Augen noch wahrnehmbar, im Infrarotbild auch lokalisierbar sind. Die Anlage einer kleineren Blüte zeichnet sich hell, die einer größeren dunkel ab. Sicher handelt es sich nicht um den Knauf eines Schwertes oder Dolches, was die Figur – so ältere Interpretatoren – zu einer Lukrezia hätte machen sollen. Die Hände hat Rembrandt mehrfach verändert: Die untere Hand war zunächst flach ausgestreckt und wurde dann gebogen, die obere zeigte zunächst geradlinig parallele Finger, bis auch hier zumindest die drei unteren gekrümmt wurden. Stilistisch – und im Vergleich mit datierten Bildnissen der Dargestellten – fällt die erste Anlage des Bildes in die Jahre um 1633/34. Das im Inventar von Valerius Röver verbürgte Datum 1642 paßt hingegen gut zu den erfolgten Veränderungen: Hinzu kamen der Pelz, den die untere nun gebogene Hand zu greifen scheint, Überarbeitungen am Gewand, die Feder und Teile des reichen Schmucks.
Die um 1652 entstandene Kopie in Antwern folgt diesen Änderungen weitgehend, vereinfacht allerdings das kostbare Untergewand zu einem Leinenhemd, das Saskia nun offen und mit einer Perlenkette darunter trägt. Interessant ist hier der aufgehellte Hintergrund mit einer Nischenbildung, der Anlaß zu Spekulationen bot, der Hintergrund des Kasseler Bildes sei ähnlich angelegt, später aber dunkel übermalt worden. Die rechts und links angesetzten schmalen Holzstreifen könnten dazu der Anlaß gewesen sein. Wie die technischen letzten Untersuchungen zeigen, wurde die mittlere Planke grundiert und bemalt, bevor die Seitenstücke angesetzt wurden. Deren Grundierung reicht bis in die Mitteltafel hinein, so daß anschließend die Hintergrundfarbe über alle drei Bretter gemalt wurde. Wann dies geschah, ist kaum zu bestimmen; die gemeinsame obere und untere Abfasung legt ein sehr frühes Datum nahe. Ein gleichmäßig gestrichener, relativ dunkler Hintergrund ist von vergleichbaren Werken Rembrandts – wie dem Profilbildnis von 1632 in Stockholm – durchaus vertraut. Demnach wird sich an dem Bildnis der Saskia gegenüber seiner Erscheinung um 1650 nicht allzu viel verändert haben: Das Format war ringsum wenige Zentimeter breiter, der durch Retuschen übermalte Hintergrund allgemein nur etwas heller.
Rembrandt lernte Saskia van Uylenburgh (1612-1642) sicher über ihren Cousin Hendrick van Uylenburgh kennen, in dessen Amsterdamer Kunstagentur er 1631 eine erste Unterkunft und Anstellung gefunden hatte. Saskias Gesichtszüge sind u. a. aus einer Silberstift¬zeichnung Rembrandts bekannt, die er von seiner Braut am 8. Juni 1633 anfertigte und entsprechend beschriftete (Ben. 427). Letztlich geht die Bezeichnung der Dargestellten des Kasseler Gemäldes bis auf Rembrandt selbst zurück: Bei der Übereignung des Bildes an Jan Six ist die Rede von „sijns huijsvrouwe conterfeijtsel“ (das Porträt seiner Ehefrau), so daß trotz aller phantastischen Kleidung keine „tronie“, sondern ein Bildnis in „antiker“ Kleidung gemeint ist. Die Ausstaffierung der Saskia in einem so reichen alterümlichen Gewand läßt sie wie eine Figur aus längst vergangener Zeit erscheinen, der aktuellen Zeit enthoben, verklärt in eine andere Welt. In keinem anderen Porträt der Saskia ist Rembrandt so weit gegangen, was sicherlich etwas mit der Entstehungsgeschichte des Bildes zu tun haben wird: Begonnen hat er es in der Anfangszeit ihrer Ehe, überarbeitet dagegen im Jahr ihres Todes 1642, wie es Valerius Röver in seinem Inventar verzeichnet. Die Hinzufügung der Hutfeder kann ein Hinweis auf die Vergänglichkeit des menschlichen Lebens sein, signifikanter erscheint aber die Pflanze in ihren Händen: Ganz im Gegensatz zur Pracht der Kleidung ist sie ohne Blüte geblieben, ein deutliches Zeichen des beendeten Lebens. Auf dem im Jahr zuvor, 1641 datierten Bildnis der Dresdener Galerie streckt sie dem Betrachter noch eine rote Blume entgegen. Die dünnen Blätter in ihrer Hand auf dem Kasseler Bild erinnern am ehesten an Rosmarin, der ein Zeichen ehelicher Treue, aber auch des ewigen Gedenkens ist. Auf niederländischen Totenbildnissen findet man ihn auf der Bettdecke liegen oder in den Händen der Verstorbenen. Damit wird das Porträt der Saksia zu einem sehr persönlichen Gemälde Rembrandts, zu einem privaten Erinnerungbild an seine verstorbene Frau.
Ferdinand Bol paraphrasierte die Figur des Kasseler Bildnisses für eine Radierung Die Stunde des Todes, die für Jan Harmensz. Kruls „Pampiere Wereld, Amsterdam 1644, wiederverwendet wurde. Möglicherweise waren sich Bol und Krul der Bedeutung des Bildes für Rembrandt bewußt. Als er das Porträt 1652 an Jan Six verkaufte, kopierte es – so Ernst van de Weterings – einer seiner Schüler, so daß es in dieser Form im Haus blieb und Rembrandt wenige Jahre später zu einer Variante anregte, der sogenannten Hendrickje Stoffels als Flora. Zur engeren Wirkungsgeschichte des Kasseler Bildes gehört auch eine weitere Graphik Bols, der die Figur gespiegelt als Brustbild mit einer leichten Wendung aus dem Profil heraus radierte. Diese Darstellung mit dem schwungvollen Barett, dessen Rand vom Licht gestreift und belichtet wird, findet ein Echo in Johannes Vermeers berühmten Gemälde Mädchen mit rotem Hut, das sich damit als später Reflex auf Rembrandts Bildnis der Saskia erweist.
(G. J. M. Weber, 2006)
Inventare:
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Literatur:
- Eisenmann, Oscar: Album der Casseler Galerie. Leipzig, Abbildung S. Tafel 4.
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- Auszug aus dem Verzeichnisse der Kurfürstlichen Gemälde-Sammlung. Kassel 1845, S. 38, Kat.Nr. 356.
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- Moes, E. W.: Iconographia Batavia. Bereden erde List van geschilderte en gebeeld houwede Portretten van Noord-Nederlanders in vorige Eeuwen. 2 Bde. Amsterdam 1897/1905, S. 493, Kat.Nr. 8168.2.
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- Rembrandt und seine Zeit. Zweihundert Gemälde der Blütezeit der holländischen Barockmalerei des 17. Jahrhunderts aus deutschen, holländischen und schweizerischen Museums- und Privatbesitz. Museum zu Allerheiligen. Ausstellung 10.4.1949 - 2.10.1949. Schaffhausen 1949, S. 61, Abbildung S. Taf. 124, Kat.Nr. 124.
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- Weber, Gregor J. M.: Rembrandt in Kassel. The Relativity of Eighteenth-Century Connoisseurship. In: Appreciation the Traces of an Artist's Hand, Kyoto Studies in Art History, Bd. 2 (2017), S. 73-82, S. 79, Abbildung S. 80.
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- Rehm, Stefanie: Tischbein und die Kunst des "Goldenen Zeitlaters". Rezeptionsgeschichte(n) um 1800. Heidelberg 2020, S. 182, Abbildung S. 181.
- Bikker, Jonathan: Rembrandt. The Standard-Bearer. Amsterdam 2023, Abbildung S. Abb. Nr. 54.
Letzte Aktualisierung: 28.02.2024